Fuldastr. 21: Offener Brief der Mieter*innen an Klara Geywitz (SPD) und Andreas Geisel (SPD)

Wir veröffentlichen hier den offenen Brief eines aktuell vom Wegfall des Vorkaufsrechts betroffenen Hauses in der Fuldastr. in Berlin-Neukölln.“

 


(Offener Brief hier auch als PDF-Datei)

Werden Sie aktiv für die Anliegen der Mieter*innen:
für ein neues Vorkaufsrecht und eine wirksame Mietpreisbremse

An
Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Andreas Geisel (SPD), Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen von Berlin

Berlin, den 19. Januar 2022

Sehr geehrte Frau Geywitz, sehr geehrter Herr Geisel,

wir sind Mieter*innen des Hauses Fuldastraße 21 in einem Milieuschutzgebiet in Berlin-Neukölln. Im Oktober letzten Jahres hat uns das Bezirksamt mitgeteilt, dass unser Haus verkauft wird und der Bezirk die Ausübung des Vorkaufsrechts prüft. Die Frist hierfür wäre der 20.01.2022. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem November 2021, das die gängige Praxis des bezirklichen Vorkaufs gekippt hat, kann der Bezirk das Haus nicht mehr vorkaufen. Der Verkauf an eine*n neue*n Eigentümer*in ist also besiegelt.

Wir wissen bis heute nicht, wer unser Haus kauft. Beim Grundbuchamt wird uns das berechtigte
Interesse an dieser Information abgesprochen. Wir finden es schockierend, dass wir als Mieter*innen keine Einsicht darin haben, wer unser neuer Vertragspartner sein wird und damit auch nicht wissen, worauf wir uns einstellen müssen: Bleibt erst einmal alles beim Alten oder werden wir mit Vermietenden konfrontiert sein, die alles versuchen, um unsere Mieten in die Höhe zu treiben und unliebsame Mietparteien loszuwerden?

Wir sind uns bewusst, dass uns die Soziale Erhaltungsverordnung weiterhin einen gewissen Schutz bietet. Dieser ist allerdings begrenzt, hängt zum Beispiel von der Genehmigungspraxis des Bezirks ab und schützt uns nur eingeschränkt vor Mietsteigerungen und Entmietungen durch den*die neue*n Eigentümer*in. In den letzten Wochen haben wir mit vielen Mieter*innen in unserem Haus gesprochen und eine große Solidarität und einen Willen zum Engagement für die Hausgemeinschaft erfahren.

Uns ist aber auch klar geworden, dass die Luft für viele Mieter*innen in unserem Haus schon jetzt dünn geworden ist: Für Familien mit nur einem Einkommen sind die Mieten von 11 Euro aufwärts (kalt) und noch höhere Neuvermietungsmieten kaum tragbar. Wir wissen, dass unser aktueller Vermieter sich nicht an die Preisobergrenzen der Mietpreisbremse hält. Rügen wegen des überhöhten Mietpreises werden ignoriert, hier bleibt für Mieter*innen nur der Klageweg. Viele können oder wollen einen solchen konfliktreichen und teuren Weg nicht gehen. Die Mieter*innen beschreiben auch über Monate und Jahre anhaltende Mängel wie Schimmelprobleme, die vom Vermieter nicht behoben werden. Einige mussten aus diesen Gründen schon wegziehen. Viele Mieter*innen machen sich Sorgen, wie sich diese Situation mit einem*r neuen, unbekannten Eigentümer*in entwickeln wird. Sie haben viel Hoffnung auf sicherere Wohnverhältnisse durch den bezirklichen Vorkauf gesetzt.

Wir wissen, dass unser Haus kein Einzelfall ist. Wir wünschen uns und erwarten von Ihnen, dass Sie sich in Ihren Positionen für die Anliegen der Mieter*innen einsetzen – in Berlin und bundesweit. Konkret bedeutet das für uns unter anderem den Einsatz für eine wirksame Mietpreisbremse, die Verantwortung und Risiko nicht auf Mieter*innen abwälzt. Außerdem bitten wir Sie, sich für die zügige Verankerung eines neuen Vorkaufsrechts im BauGB einzusetzen und entsprechende Initiativen partei- und koalitionsübergreifend zu unterstützen.

Mit Dank für Ihre Unterstützung

Mieter*innen der Fuldastraße 21